Ich bin nicht sie – Der letzte Tisch (21.)

Es ging ihr durch den Kopf und ihre Besorgnis begann zu wachsen, obwohl sie versuchte, es zu verbergen. Schließlich ging sie das nichts an, oder?

Michael begann wütend vor sich hin zu brummen, was wie „Das hat mir gerade noch gefehlt“ klang, und während er murmelte, schenkte er sich den Rest des Kaffees ein, der noch in der Kaffeemaschine war.

Anna beobachtete das Ganze still, bis der Mann sich ihr gegenüber setzte, immer noch mit verärgertem Gesichtsausdruck. Anna wollte ein unabhängiges Thema anschneiden, überlegte es sich aber anders.

Es entstand eine Stille zwischen ihnen, die man als angenehm bezeichnen könnte. Anna schaute gerade aus dem Fenster. Draußen schien es ziemlich windig zu sein. Herbstblätter flatterten überall herum. Das Wetter war in den letzten Tagen kalt und trüb gewesen.

Die Menschen, die gerade am Laden vorbeigingen, trugen bereits Winterjacken und Mäntel. Sie wollte gerade ihren Blick vom Fenster abwenden, als sie drei Männer sah, die auf einer Bank gegenüber dem Laden saßen und sich offenbar gut unterhielten.

Anna verzog angewidert das Gesicht und wusste selbst nicht warum, aber aus irgendeinem Grund gefiel ihr diese Gruppe von Männern nicht, schon allein wegen dem, was sie in den Händen hielten.

„Ist etwas los, Anna?“ fragte Michael und berührte dabei ihre Hand.

*

Die Frau schloss gerade die Kasse und atmete ehrlich erleichtert auf, war aber gleichzeitig überrascht, wie viel sie gestern verdient hatte, denn das war ihr noch nie passiert.

„Ich sage doch immer, dass mein Charme einfach unwiderstehlich ist“, stellte Michael fest, als sie ihm erzählte, was sie so beeindruckt hatte. Zuerst runzelte er die Stirn, vielleicht noch mehr als bisher, und dann platzte ihm dieser Unsinn heraus.

„Und ich dachte schon, du wärst ein Mann geworden, aber wie ich sehe, bist du immer noch ein Clown erster Klasse“, gab sie zurück und wartete auf seine Antwort. Sie sah, wie sein Gesicht sich zu verziehen schien. Er unterbrach seine Tätigkeit und sagte mit ernster Stimme, aber gleichzeitig mit einem versteckten Unterton wie ein Kasper aus einem Kinderfest.

„Aber ich bitte dich! Bin ich etwa nicht schön?“ Er machte eine Handbewegung, als würde er unsichtbare Haare von seiner Schulter streichen.

Da konnte Anna nicht mehr und brach in schallendes Gelächter aus. Es war ein Lachen voller Erleichterung und unverhohlener Freude. Sie hielt sich fester am Tresen fest, weil sie vor Lachen fast umgefallen wäre, aber in diesem Moment konnte sie einfach nicht aufhören.

Sie spürte, wie ihr die Tränen kamen und ihr über die Wangen liefen.

„Anna, bist du okay?„, fragte Michael nach einer Weile, als das Lachen nicht nachließ, sondern im Gegenteil noch stärker wurde.

„Anna?“, hörte sie Schritte und im nächsten Moment legten sich Arme um ihre Taille.

„Das...ist...gut...Die...Emotionen...haben...mich...eingeholt...“ stammelte Anna, sobald sie wieder sprechen konnte. Dabei starrte sie nach draußen. Auf keinen Fall wollte sie den Kopf abwenden oder ihn heben, um seinen Gesichtsausdruck zu sehen.

Sie wusste, dass sie sich gerade wie eine totale Verrückte benahm, aber es war einfach zu viel für sie. Erst tauchte Michael auf, dann Omelglová, beide fast gleichzeitig, und sie kannten sich sogar.

Anna verging der Lachlust und sie löste sich aus Michaels Umarmung mit den Worten: „Wir sollten jetzt aufmachen.“

*

Es war viel los, aber nicht so wie gestern.

Es war eher durchschnittlich. Anna mixte die Getränke und Michael übernahm wieder die Rolle des Kellners. Anna musste zugeben, dass sie das wirklich gut machten, bis auf ein kleines Problem in Form der Männer, die hinten am letzten Tisch saßen und sich offenbar prächtig und vor allem sehr laut amüsierten.

Anna erkannte sofort die Typen, die sie am Morgen auf der Bank gegenüber dem Laden sitzen gesehen hatte.